Diskussion - Schnaps, Ätherische Öle, Essig

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Amygdalin, Benzaldehyd, Ethylcarbamat usw.

Mike am 19.09.2018 20:50:30 | Region: Irgendwo

Immer wieder kommt die Frage nach den Kernen auf und ob sie in der Maische verbleiben sollten oder nicht. Die Antworten reichen von "Auf jeden Fall raus" bis "Kein Problem, solange sie heil bleiben". Dabei gibt es dazu sehr zuverlässige Daten. Vor einigen Jahren kam der Zwetschgenbrand in Verruf wegen Ethylcarbamat. Die Industrie hat sich deshalb die Sache genauer angesehen. Ich habe mal ein paar Infos zusammengestellt. Wäre aber schön, wenn sich noch andere beteiligen könnten, weil es ein paar Lücken gibt.


Der Ausgangstoff ist Amygdalin. Das ist ein Glycosid, das unter Anwesenheit von Emulsin Glucose, Blausäure und Benzaldehyd abspaltet. Gegen Glucose haben wir nichts, Blausäure ist in diesen Mengen toxisch unproblematisch, und Benzaldehyd sorgt für das typische Bittermandelaroma. Das karzinogene Ethycarbamat entsteht erst durch Lichteinfluss. Ist die Reaktion einmal in Gang, läuft sie auch ohne Licht weiter, bis keine freie Blausäure mehr vorhanden ist.


Emulsin ist in vielen Früchten enthalten. Deshalb wird Amygdalin während der Gärung (!) gespalten. Kerne in der Maische sind somit problematischer als beim Brennen. Aber warum sollte man Kerne beim Brennen haben, wenn keine in der Maische waren? Um z.B. dem Destillat Aroma zu geben. Klappt das?


Ich habe einen Versuch mit Türkenkirschen gemacht, die ich ohne Kerne eingemaischt hatte. Bei einem Durchgang habe ich dann 30 geknackte (!) Kerne beim Brennen von 8 Litern dazu geben. Im Destillat war kein Aroma, obwohl die Kerne stark nach Bittermandel schmecken! Eine nennenswerte Spaltung des Amygdalins dürfte also nicht erfolgt sein. Über Emulsin habe ich nicht so viel auf die Schnelle gefunden. Es dürfte aber wie die meisten Enzyme wenig hitzetolerant sein und beim Erhitzen schnell denaturieren.


Muss ich mir Sorgen machen bei einem Gelee aus Traubenkirschenblüten, das sehr stark nach Bittermandel schmeckt? Nein, denn das Benzaldehyd wird auch unter Einfluss leichter Säure abgespalten. Hier wird also das Aroma frei, nicht aber die Blausäure, weil beim Erhitzen das Emulsin zerstört wird. Nach meinen Quellen wird Ethylcarbamat ausdrücklich mit fermentierten Lebensmitteln in Verbindung gebracht.


Wenn man also ein schönes Aroma, aber keinen Krebs haben möchte, ist es nicht der richtige Weg, die Kerne in der Maische zu lassen. Vielmehr könnte man die Kerne gezielt mit schwacher Säure behandeln und das Aroma direkt vor dem Brennen dazu geben. Wie gut das klappt, konnte ich noch nicht testen. Die Aussage, dass Kerne in der Maische kein Problem seien, solange sie nicht zerstört werden, ist definitv so allgemein nicht haltbar.


Eine offene Frage bleiben Ansatzschnäpse. Es wird auf jeden Fall ein relevanter Anteil Benzaldehyd herausgelöst. Das schmeckt man. Aber entsteht auch Ethycarbamat? Dazu habe ich bisher nur ziemlich wirres Forumgeschnattere gefunden, aber keine belastbaren Daten. Weiß jemand mehr?

RE: Amygdalin, Benzaldehyd, Ethylcarbamat usw.

aragones am 20.09.2018 11:26:57 | Region: Musterländle
Hallo Mike,

 Danke für die Aufbereitung des Themas.

Ich hab nur einen Hinweis.
In der Abfindungsbrennerei ist es meines Wissens

nicht erlaubt bei Steinobst die Kerne vor dem Brennen rauszunehmen. Kerne müssen
also mit eingemaischt und mit gebrannt werden!

Das begründet sich aber primär in den festgelegten

Ausbeutesätzen die ohne Kerne (als „tote Masse“) bei gleicher Menge pro Brand,  natürlich deutlich besser ausfallen würden. Mag
sein das diese Information bereits Outdated ist und mittlerweile auch dem „Blausäurethema“
in der Abfindungsbrennerei nun auch anders Rechnung getragen wird.

Kann mir aber auch nicht vorstellen das sich bei größeren Mengen jemand die Mühe macht die Dinger auszusteinen.
Bei den Mengen die wir Verarbeiten geht das gerade noch aber wer mal für 50 Liter  Maische

Zwetschen oder Mirabellen etc. ausgesteint  hat weiss wovon ich spreche .. Du Mike weisst
das bestimmt

Gruß Aragones

RE: Amygdalin, Benzaldehyd, Ethylcarbamat usw.

Stephan am 21.09.2018 06:59:42 | Region: Steiermark

Ein wirklich sehr interessantes Thema.

Ich denke man müsste vielleicht mal tatsächliche Werte im fertigen Brand vergleichen um eine Korrelation von Kernen ja/nein zu sehen? Würde sowas relativ einfach funktionieren?


Abfindungsbrennen

Wie "Aragones" bereits richtig gesagt hat ist es hier nicht erlaubt, bzw. gibt es bei den Ausbeutesätzen für div. Obstsorten keinen Passus für mit/ohne Kerne. Zucker sowieso streng verboten.

Desweiteren gibt es vor allem in der Abfindungsbrennerei einfach größere Volumen. Ich nehme mal meine Brennanlage. Um einen vernünftigen Feinbrand zu bekommen braucht es schon mal mind. 120l Maische das sich das ausgeht. (Füllraum ca. 40l) Dies gilt bei uns als handlicher Kessel für den Privatgebrauch. :) Also sind da noch viel größere im Umlauf.

Hast du dann mal 300l Maische wird es eben mit dem Entkernen wirklich sportlich.



RE: Amygdalin, Benzaldehyd, Ethylcarbamat usw.

der wo am 21.09.2018 12:26:20 | Region: da wer

Sehr Interessant.

Woher hast du das mit der Säure, Mike? Wenn das stimmt, warum dann nicht einfach die Kerne direkt vor dem Brennen in den Kessel und etwas Säure dazu?
Es ist übrigens sowieso eine interessante Frage, ob man Maischen oder Raubrände vor dem Feinbrand extra ansäuern sollte. Googel mal "The effect of ph on brandy composition".

Emulsin wird durch Alkohol jedenfalls nicht zerstört. Und aus Kernen gewonnen. Laut google. Woher hast du die Info, daß es mehrheitlich in den Früchten, also in dem Fruchtfleisch ist?

"Wie beim Acrylamid gilt für das Ethylcarbamat, dass sich diese Substanz bei der Herstellung eines Steinobstbrandes nicht vollständig vermeiden lässt. Voraussetzung für die Bildung von Ethylcarbamat (EC) sind Substanzen wie Hydrogencyanid (Blausäure), Harnstoff, Citrullin und andere N-Carbamoyl-Verbindungen. Aus ihnen bildet sich Cyanat, welches in Verbindung mit Ethanol zum unerwünschten EC wird. Die Blausäure ist ein natürlicher Bestandteil der Kerne von Kirschen, Pflaumen, Mirabellen und Aprikosen."
link selber suchen. Also sowas wie Harnstoff ist im Ansatzalkohol jedenfalls nicht enthalten. In Raubränden auch nicht.

Vor der Gärung die Steine zu entfernen ist halt zumindest für große Maischen extrem aufwändig.

Ich persönlich kann auf das Marzipanaroma verzichten. Wenn ich mir die Mühe mache, die Steine beim einmaischen zu entfernen, dann werde ich sie später nicht wieder dazugeben.

Da sich Empfehlungen wie immer an den praktischen Möglichkeiten orientieren, kann man sich nicht sicher sein, wie giftig Steinobstbrände wirklich sind. Insofern ist mein post auch nur Forumgeschnatter. Irgendwann wird ein Grenzwert kommen. Der liegt dann wahrscheinlich bei 1mg/l bei Steinobstbränden und 0.1mg/l bei Getreidebränden. Als ob das eine EC schädlicher wäre als das andere. Dasselbe Spiel ja bei Methanol: Obsttresterbrand darf 1500g/hl haben, Vodka nur 10g/hl...
Immer genau das, was realistisch erreichbar ist, wenn man halbwegs grobe Patzer vermeidet.

Ohne Steine Brennen ist übrigens inzwischen erlaubt:
"Blausäure lässt sich auch durch das Entfernen der Steine vor dem Einmaischen oder Destillieren vermeiden bzw. verringern. Professionell arbeitende Entsteinmaschinen sondern die Steine vom Fruchtfleisch ab. Die Qualität des Destillate wird dadurch in mehreren Bereichen positiv beeinflusst. Hohe Blausäurekonzentrationen werden vermieden, der Bittermandelton (Marzipanaroma) geht zugunsten der feinen Fruchtaromen zurück. Es entstehen weiche, feine Produkte mit typischen Fruchtaromen in der Nase sowie milder Würze und dezenter Bitternote am Gaumen. Entsteinte Maischen dürfen heute problemlos gebrannt werden – Entsteinen ist also erlaubt, muss allerdings beim Anmelden deklariert werden."

"Je mehr Steine in der Maische, je stärker sie zerstört werden und je länger die Maische gelagert wird, desto höher ist der Blausäureanteil in der Maische. Allerdings landet nicht die gesamte Blausäure im Destillat, denn das Kupfer der Brennereianlagen hat katalytische Eigenschaften, darunter das Binden von Blausäure – allerdings nur, wenn es sauber ist. Der Brennereibesitzer muss also seine Anlage regelmäßig reinigen, um damit die Reaktionsfähigkeit des Kupfers aufrecht zu erhalten, andernfalls gelangt zu viel Blausäure ins Destillat."
Warum das Kupfer gereinigt werden muss, ist mir allerdings nicht ganz klar.
Angeblich soll auch ein Mittel helfen. "Cyanurex". Kupferchlorid. Also im Endeffekt halt Kupferionen in die Maische geben. Wahrscheinlich egal ob als Chlorid, Oxid, Sulfat, Carbonat oder Citrat.

"Aus Blausäure entsteht im Destillat das krebserregende Ethylcarbamat. Die Reaktion läuft ab, sobald Licht an das Endprodukt gelangt. Wird beispielsweise Zwetschgenmaische, die 6 Monate auf den Steinen vergoren und gelagert wurde, in einer seit Jahren nicht gereinigten Brennerei destilliert, findet sich garantiert Blausäure im Destillat."

Keine gute Nachricht für gelagerte Turbomaischen.

RE: Amygdalin, Benzaldehyd, Ethylcarbamat usw.

Mike am 21.09.2018 01:46:28 | Region: Irgendwo
Keine gute Nachricht für gelagerte Turbomaischen.

So ist es. In professionellen Brennereien sorgen die großen Kupferoberflächen für eine Reduktion der Blausäure. Das dürften bei uns die wenigsten haben. Daher halte ich den Aufwand für das Entfernen der Steine gerade essentiell bei Maischen, die länger gelagert werden sollen.

Hier ist der Link zur Spaltung von Amygdalin durch Säure:

http://www.chemie.de/lexikon/Amygdalin.html


Wikipedia sieht das ähnlich:

https://de.wikipedia.org/wiki/Amygdalin


Hier wird angegeben, dass Beta-Glucosidasen (dazu gehört Emulsin) oberhalb von 70 Grad in der Regel denaturieren:

http://edoc.sub.uni-hamburg.de/haw/volltexte/2013/1945/pdf/lsab12_109_MA.pdf


Der Link zu Ethylcarbamat, den wohl auch derwo verwendet hat:

http://www.rekru.de/blog/rekru/brennerei-kellerei-mosterei/steinobst-destillate/


Das scheinen mir recht belastbare Daten zu sein. Bei den Ansatzschnäpsen muss ich noch schauen. Gerade die Traubenkirschen geben erheblich Benzaldehyd ab. Das muss ich nochmals überprüfen. Das Entsteinen wäre hier schwierig, weil der Ansatz dann kaum zu klären wäre.


Leider habe ich auf dem Gärprotokoll nicht vermerkt, ob ich 2017 die Traubenkirsche entsteint habe. Vermutlich nicht. Bei 20 kg ist das kein Spaß.

RE: Amygdalin, Benzaldehyd, Ethylcarbamat usw.

der wo am 22.09.2018 02:08:06 | Region: da wer
Aber in den links steht:
"In verdünnten Säuren wird Amygdalin in Glucose, Benzaldehyd und Blausäure gespalten."
Bzw:
"In verdünnten Säuren wird Amygdalin in Gentiobiose und Mandelonitril (das Nitril der Mandelsäure) gespalten. Letzteres zerfällt weiter zu den typischen Bittermandelaromen Benzaldehyd und Blausäure"

Also ist das mit der Säure auch kein Weg, das Aroma ohne die Blausäure zu bekommen. Oder hab ich was falsch verstanden?


RE: Amygdalin, Benzaldehyd, Ethylcarbamat usw.

Mike am 23.09.2018 01:07:58 | Region: Irgendwo
Also ist das mit der Säure auch kein Weg, das Aroma ohne die Blausäure zu bekommen. Oder hab ich was falsch verstanden?

Das verstehe ich auch so. Ich sehe aber nicht so sehr die Blausäure als Problem. Hier müsste ich aber noch einmal genau Daten zur Toxizität finden. Das viel größere Problem ist das Ethylcarbamat. Das kann aber nur in Gegenwart von Emulsin entstehen (wenn ich es richtig verstehe). Das wäre aber bei einer Aufbereitung der Kerne ohne Fruchtfleisch nicht vorhanden. So aus der Hüfte nehme ich an, dass der Ethanol bezüglich der Toxizität das größere Problem ist (bezogen auf die relativen Mengen). Die aktute Toxizität von Ethycarbamat ist niedrig im Vergleich zur Blausäure. Sollte es aber wirklich mutagen sein, könnten die Nebenwirkungen auch lange nach der Exposition auftreten.

Hier ist ein weiterer ganz guter Link:

https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/chemie/toxische_reaktionsprodukte/ethylcarbamat/index.htm


Der Grenzwert für freie Blausäure liegt bei 28 mg/L Brand. Die tödliche Dosis liegt bei 1-2 mg/kg Körpergewicht. Die körpereigene Entgiftung liegt bei 0.1-1 mg/kg Körpergewicht. Bevor die Blausäure ein Problem wird, fällt man sicher ins Alkoholkoma. Bei Bittermandeln gelten für Erwachsene 70-80 Stück als tödliche Dosis. Wenn man die extrahiert, dürfte der Brand scheußlich schmecken. Daher halte ich diesen Aspekt nach den vorliegenden Daten für vernachlässigbar.

RE: Amygdalin, Benzaldehyd, Ethylcarbamat usw.

der wo am 23.09.2018 09:06:50 | Region: da wer
Aber das Emulsin macht doch die Blausäure und das EC entsteht daraus dann ohne Enzym, oder?
Jedenfalls auf den ganzen Seiten über die Vermeidung von EC in Bränden wird gesagt, man muss vor allem den Blausäuregehalt im Brand niedrig bekommen, damit dann später der EC-Gehalt gering ist. Also entweder ist das Enzym auch im Destillat (was nicht sein kann) oder das Enzym ist nicht verantwortlich für die Umwandlung von Blausäure zu EC.

Und ich habe nichts darüber gefunden, daß das Enzym nicht auch in den Kernen ist. In Mandelkernen ist es jedenfalls.

Ja, es geht wohl nur um die Langzeitschäden (Krebs) durch EC, nicht um die Toxizität von was auch immer. Und das werden wir hier auch nicht klären können.

Google dir mal den Blausäure-Grenzwert von Süsswaren... noch ein schönes Beispielfür Grenzwerte.

RE: Amygdalin, Benzaldehyd, Ethylcarbamat usw.

Stephan am 25.09.2018 11:34:38 | Region: Steiermark

Jetzt stell ich die Frage mal anders.

Wir sind uns einige das vereinfacht gesagt Blausäure, im Destillat mit Licht dann EC, auch bei nicht geknackten Kernen während des Maischevorganges entsteht und das das Grundübel der Probleme ist.


Ist es greifbar ab wann dies aus den Kernen gelöst wird? Alkoholgehalt, rein die Stehzeit etc.?

Mein Gedanke geht dahin wie man das bei größeren Mengen praktikabel lösen kann.

Die Zwetschken angenommen kommen alle samt Kerne ins Maischefass. Betonrührer nehmen und die Dinger auf wirklich höchsten Grad zermatschen. Kerne bleiben ganz!

Als ich bei der heurigen Maische das Biogen nach ca. 2 Tagen beigemengt habe und wieder umrührte bemerkte ich bereits einen richtigen Kerneteppich am Grund des Fassen, dann flüssige Maische und oben Fruchtkuchen.

Wie wäre es nun angenommen 2 Tage nach dem Einmaischen das Ganze von den Kernen abzuziehen? Geht auch bei Großmengen mit überschaubarem Aufwand und die Kerne wären weg.

Ist es nach diesen 2 Tagen bereits zu spät dafür und sinnlos oder wäre das ein Weg?

Natürlich abgesehen davon, dann sich möglicherweise bei einem 60l Fass der eine oder andere Kern mitverirrt.

Verlust der typische Mandelnote beim Brand auch vernachlässigt.

Wenn die Maische aber anfangs schon richtig gut zermatscht wird dürften ziemlich alle Kerne am Boden liegen.


Ich freue mich auf eure geschätzten Kommentare dazu.


mfg

Stephan

RE: Amygdalin, Benzaldehyd, Ethylcarbamat usw.

Mike am 25.09.2018 12:58:40 | Region: Irgendwo
Aber das Emulsin macht doch die Blausäure und das EC entsteht daraus dann ohne Enzym, oder?

Ach, natürlich! Da habe ich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr gesehen bzw. mich völlig beknackt ausgedrückt. Was ich meinte: Kann Benzaldehyd (also das Aroma) in nennenswerten Mengen auch ohne Abspaltung von Blausäure entstehen? Anders gefragt: Korreliert das (natürliche) Bittermandelaroma zwingend mit dem Gehalt an freier Blausäure?


Ich war davon ausgegangen, dass Emulsin vor allem im Fruchtfleisch vorhanden ist. Jetzt wird es aber arg spekulativ bei mir. Leider finde ich spontan nicht viel zu Emulsin in Kernen. Es ergibt aber natürlich schon Sinn, dass dort bereits eine Spaltung abläuft. Warum sollten Kerne sonst nach Bittermandel schmecken und riechen? Licht dürfte ja nun wirklich nicht an den weichen Kern vordringen können.


Das würde für mich allerdings bedeuten: Zurück auf Los! Dann könnte es nämlich sein, dass mein geliebtes Gelee von der Traubenkirschenblüte doch nennenswerte Menge Ethylcarbamat enthält. Google findet dazu: NICHTS! Ist das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?

RE: Amygdalin, Benzaldehyd, Ethylcarbamat usw.

Mike am 25.09.2018 09:50:16 | Region: Irgendwo

Hallo,


besten Dank für den Link. Das ist eine sehr gute Zusammenfassung. Es steht allerdings nichts drin, was wir hier noch nicht recherchiert haben. Mit einer Ausnahme: Es wird ausdrücklich gesagt, dass sich Ethylcarbamat vorrangig im Nachlauf anreichert. Eine Begründung wird allerdings nicht gegeben. Besonders logisch erscheint es mir auch nicht. Die Idee ist vermutlich, dass Steine, die mit gebrannt werden, bei längerer Exposition mehr Blausäure abgeben. Mir ist nicht ganz klar, wie das bei diesen hohen Temperaturen gehen soll. Es gibt nur wenige Enzyme mit einer so hohen Hitzetoleranz. Das gibt es z.B. bei Bakterien in heißen Quellen in der Tiefsee. Nicht unserer Problem, denke ich.


Kann schon sein, dass wir hier etwas übertreiben. Andererseits sollte man nie vergessen, dass unsere hohe Lebenserwartung eine andere Lebensführung nötig macht als bei Oma und Opa. Als die Menschen kaum älter als 50 wurden, brauchten sie sich um Krebs keine großen Sorgen zu machen. Das sieht mit 85 ganz anders aus. In diesem Sinne kann unsere natürliche Intuition hier versagen.


Kürzlich habe ich die Früchte des wilden Weins probiert. Mein Magen hat sich sofort um die eigene Achse gedreht. Ich habe davon den ganzen Abend etwas gehabt. Der hohe Gehalt an Oxalsäure wurde vom Körper sofort erkannt. Bei Kanzerogenen klappt das leider nicht so gut. Daher: better safe than sorry! :-) Gilt natürlich nur, wenn wir den Selbstgebrannten nicht hektoliterweise versaufen.


Gruß, Mike

RE: Amygdalin, Benzaldehyd, Ethylcarbamat usw.

Schnapsgimpel am 25.09.2018 04:22:20 | Region: Mostviertel

Liebe Experten, ich verfolge diese Diskussion mit grossem Interesse. Ich neige mich vor eurem Wissen, aber ich kann als ganz kleiner Hobbybrenner da natürlich nie mithalten. Trotzdem glaube ich, dass wir hier eventuell etwas übers Ziel hinausschießen. Ich halte mich an Dr. Schmickl und bin damit immer sehr gut gefahren. Vor allem habe ich grosse Freude daran und meine Ergebnisse schmecken mir, auch wenn die Maische mit Kernen (unzerstört) vergoren wird und beim Brennen ein paar Kerne (Kirschen) mitgebrannt werden. Nicht böse sein, ich liebe dieses Hobby und erfreue mich am Produkt.

RE: Amygdalin, Benzaldehyd, Ethylcarbamat usw.

Ibo am 20.09.2019 16:14:31 | Region: Oberhessen

Seit diesem Jahr verwende ich hochreine Kupferwolle im Liebigkühler gegen das Pumpen der Anlage. Funktioniert sehr gut.

Der der kathalytische Nebeneffekt scheint auch vorhanden zu sein.

Die Kupferwolle ist nach jedem Durchgang über silber , brauntöne und schwarz verfärbt.

Die Kupferwolle habe ich dann in konzentrierter Zitronensäure wieder regenerieren können.

Die Flüssigkeit war danach etwas blaugrün und die Kupferwolle blank.

Da ich Schlehen gebrannt habe, gehe ich davon aus, dass es sich hierbei auch um u.a. Blausäureverbindungen handelt.

Habe allerdings keinen Test durchgeführt.

Der Schlehenbrand wird wohl super.

...Empfehlung gegen Blausäureverbindungen ist wie auch in der offiziellen Fachliteratur zu lesen, hochreine Kupferwolle (gibt es im Laborbedarf)

LG

Ibo